Alice von Battenberg – Das Geheimnis der Royals

Hörtrainings Geschichte | Dauer: 06:17

Alice von Battenberg – Das Geheimnis der Royals

Perfektes Auftreten, keine Fehler, Vorbild sein. Das britische Königshaus inszeniert sich seit jeher perfekt inszeniert. Doch das außergewöhnliche Leben der griechischen Kronprinzessin Alice von Battenberg, Mutter des Duke von Edinburgh, Prinz Philip, und Schwiegermutter der Queen, ist eines der bestgehüteten Geheimnisse in der Geschichte der Royals.

Am 21. April 2021 verstarb Prinz Philip, Gemahl der britischen Königin Elizabeth II., im 100. Lebensjahr. Über das Leben eines ganzen Jahrhunderts kann man vieles erzählen, von einer Rolle als Prinzgemahl ganz zu schweigen. Doch am meisten prägte Philip ein Mensch lange vor seiner Heirat: seine Mutter. Nicht zuletzt wegen ihres besonderen Schicksals, denn sie war ein Leben lang taub.

Alice von Battenberg wird 1885 in Windsor Castle in England geboren. Das junge Mädchen ist auffällig still. Und das hat einen Grund: es ist taub. Seine Mutter ist der Meinung, dass Alice lernen muss, mit ihrer Behinderung allein zurecht zu kommen. Der Familie wird nicht erlaubt, etwas zu wiederholen, wenn Alice nicht versteht. So soll sie lernen, auf eigenen Füßen zu stehen, sich in der Welt der Hörenden zurechtzufinden. Die Strenge der Mutter ist grausam, zahlt sich jedoch aus: Mit 18 kann Alice nicht nur klar sprechen, sie kann auch in drei Sprachen Lippen lesen.

1902 lernt sie den griechischen Prinz Andreas kennen und lieben. Nach der Hochzeit zieht sie mit ihm nach Griechenland. Hier muss die taube Prinzessin die fremde Sprache lernen. Im Volk ist sie sehr beliebt, auch wenn die Griechen sich immer mehr vom Königshaus abwenden.

Im Zuge des Ersten Weltkrieges wird ihr Mann verhaftet, sie bleibt allein zurück. Kurz zuvor hat sie in ihrem Landhaus auf ihrem Küchentisch ihr fünftes Kind zur Welt gebracht: Prinz Philip. Als ihr Mann durch diplomatisches Geschick freikommt, verlässt die Familie heimlich Griechenland. Es ist das Ende von Alice‘ Prinzessinnen Dasein, denn die Familie ist mittellos. Ihr Mann Andreas geht kurz darauf eigene Wege.

Die Strapazen des neuen Lebens schlagen Alice aufs Gemüt, sie fühlt sich zunehmend isoliert. Gefangen in ihrer stillen Welt überkommen sie immer öfter dunkle Gedanken. Sie wird mehr und mehr religiös mit einem besorgniserregenden Hang zum Spirituellen. Sie entwickelt Wahnvorstellungen, die Familie macht sich Sorgen. Alice lässt sich freiwillig auf deren Druck in eine psychiatrische Klinik einweisen. Für sie der Anfang eines langen Leidensweges. Die Diagnose der Ärzte: Paranoide Schizophrenie. Sogar Sigmund Freud höchstpersönlich erscheint in der Klinik, um Alice zu untersuchen. Nach zahlreichen unterschiedlichen Behandlungsmethoden gibt es keine Anzeichen von Heilung, also entlässt Alice sich irgendwann schließlich selbst und kehrt zurück zu ihrer Familie.

Doch ihre Wahnvorstellungen bleiben. Schließlich wird sie vor den Augen ihres damals achtjährigen Sohnes Philip von Männern in weißen Kitteln abgeholt und gegen ihren Willen in ein Schweizer Sanatorium eingewiesen. Dort ist sie nicht nur Patientin, sie ist vor allem eine Gefangene. Die Angelegenheit wird vertuscht, sie wird nicht richtig behandelt, die Familie kümmert sich nicht. Ihr Leid ist groß. Sie wird zum einsamen, isolierten, weggesperrten Menschen.

Nach zweieinhalb Jahren darf Alice die Heilanstalt wieder verlassen. Sie fühlt sich von ihrer Familie verraten und kehrt ihr den Rücken zu. Sie reist viel herum, schließlich lässt sie sich in Athen nieder.

Dort bleibt sie auch während des Zweiten Weltkriegs. Sie macht sich nützlich beim Roten Kreuz, hilft, wo sie kann. Als 1943 auch in Griechenland Juden deportiert werden, versteckt Alice eine befreundete Familie. Sie besucht sie jeden Tag, trinkt Tee mit der Familie und wird zur engen Freundin. Die Prinzessin lässt sich auch in dieser Zeit durch nichts erschüttern. Als eines Tages die Gestapo kommt und wissen will, wer in der Residenz wohne, antwortet sie nicht. Sie gibt zu verstehen, dass sie taub sei. Die Behinderung rettet sie und ihre Schützlinge. Ohne sie wäre die Familie zweifellos umgekommen, sie war ihr Schutzengel.

Nach Kriegsende kehrt Alice heim nach England zu Philip. Denn dieser ist mit der Thronfolgerin von England verlobt, Elizabeth. Bei der Krönung ihrer Schwiegertochter erscheint Alice als Nonne, verzichtet auf alle Titel und gründet in Athen einen Schwesternorden. Mit ihrem Gelübde hat Alice ihre Bestimmung gefunden. Sie entsagt jeglichem Besitz und widmet ihr Leben fortan ihrem tiefen Glauben. Bis heute wird die Prinzessinnen-Nonne in Griechenland verehrt.

Nach einem Militärputsch muss die griechische Königsfamilie das Land verlassen. Auch Prinzessin Alice. Sie reist schweren Herzens nach England, um ein kleines Zimmer im Buckingham Palast zu beziehen. Nachdem sie ein ganzes Leben lang getrennt waren durch Krankheit, Krieg und Familienpolitik, finden Prinz Philip und seine Mutter am Ende doch noch zusammen. Am 5. Dezember 1969, nur zwei Jahre nach ihrem Einzug, stirbt sie.

Alice von Battenberg – sie half Menschen in Not, das war ihr Lebensmotto, dem sie stets treu blieb. Die heutigen technischen Möglichkeiten, allen voran das Cochlea Implantat, blieben ihr verwehrt. Doch vielleicht machte sie ihre Taubheit besonders feinfühlig für die Welt um sie herum, die sie zwar nicht hören konnte, aber auf besondere Art besser verstehen.