Mondmaler

Was heckte Mond nur aus? Viele Nächte rührte er sich nicht aus seinem Haus. Man hörte nur vergnügtes, lautes Singen. Und am Tag trieb er sich, kaum sichtbar, um die Erde …
Als er wieder zur Arbeit kam, wurden plötzlich die Libellen von einer leisen Stimme aus dem Schlaf gerissen. „Schreckt euch nicht. Ich bin es nur, der Mond. Ich brauche dringend ein bisschen Blau von euch“, flüsterte der Mond.

„Wie? Was? Wozu?!“ riefen die Libellen entsetzt - strichen sich aber dann doch vorsichtig die Farbe von ihrem Kleid und überreichten sie dem Mond.
„Bald werdet ihr es wissen, sehr bald“ - und schwebte weiter.

Dann besuchte er noch die Sonnenblumen, um strahlendes Gelb zu erbitten.
Und in der Wüste von Arizona bettelte er um das Rot der Erde.
Anschließend blieb er wieder fast eine Woche lang verschwunden.
Als er am siebten Tag zur Arbeit zurückkehrte, rief er, so laut er konnte, über den Himmel: „Heute um Mitternacht - zum ersten Mal im Himmelstheater - das große Schauspiel von und mit Mond!!!“

War das vielleicht eine Aufregung! Natürlich ging niemand zu Bett. Alle wollten wissen, was nun geschehen würde.
Auf dem höchsten Punkt seiner Reise angelangt, sagte der Mond: „Wisst ihr, ich will nicht immer nur das Licht meiner Schwester Sonne auf die Erde werfen. Deshalb habe ich mir einen eigenen Lichtbogen gebaut, den ich ab sofort für meine Arbeit verwenden werde.“

Und damit zog er etwas aus seinem Rucksack. Zog und zog und spannte es über den ganzen Himmel. „Monds bunter Weltenbogen!“ rief er verzückt.
Aber was war das? Die Farben, die er mühsam und in wochenlanger Arbeit zu einem Lichtbogen vereint und verwoben hatte, waren in der Dunkelheit nichts als ein schwach glitzernder Schein - die Nacht hatte allen Farben ihr Licht geraubt.

„Mein dummer Mond“, tröstete ihn seine Schwester, „weißt du denn nicht, dass mein Licht es ist, das alle Farben entstehen lässt? Doch deine Arbeit soll nicht umsonst gewesen sein. Ich habe eine Idee! Wenn du mir deinen Lichtbogen schenkst, wüsste ich eine gute Verwendung für ihn!“

Und noch heute kann man das Kunstwerk des Mondes betrachten - wenn nach schwerem Regen ein bunter Lichterbogen am Himmel erscheint …