Taube Ohren mit Promifaktor

Hörtrainings Geschichte | Dauer: 07:06

Taube Ohren mit Promifaktor

In der heutigen Zeit bedeutet eine Hörbeeinträchtigung längst nicht mehr, ohne zu hören leben zu müssen. Hörlösungen für die unterschiedlichsten Formen von Hörverlust erlauben es den Menschen, die Welt mit allen Sinnen zu erfahren. Das war nicht immer so. Doch es gibt einige historische Persönlichkeiten, die unter ihrer Hörbeeinträchtigung litten und trotzdem die Welt nachhaltig prägten.

Ludwig van Beethoven ist wohl der prominenteste Komponist, der unter Hörverlust litt. Er war ein Revolutionär - unangepasst, schwierig, emotional, begeisternd, einzigartig. Er war ausgesprochen bekannt, ein Teil der besseren Wiener Gesellschaft, ein Frauenheld und rastloser Wechsler seiner Wohnsitze. Ein Lebemann. Ein Musiker sondergleichen.

Doch schon im Alter von nur 25 Jahren setzte bei Beethoven eine Schwerhörigkeit ein, die bekanntlich bis zur völligen Ertaubung führte. Damit ging ihm ein bestimmender Teil seines Lebens unaufhaltsam verloren und er entschied sich letztendlich für die soziale Isolation des Schwerhörigen. Beethoven litt schwer unter diesem Schicksal, seine Verzweiflung schrieb er in Briefen nieder: Über die Angst, allein zu sein, gefangen in einer Welt ohne Musik.

So widmet sich die Kulturszene heute nicht nur seinem wunderbaren musikalischem Werk, sondern ebenso diesem für ihn schicksalhaften Thema - seinem letztlich vollständigen Hörverlust. Denn trotz dieser Bürde tat er das, was er am besten konnte: Er komponierte Musik. Unaufhörlich und leidenschaftlich, mit Noten, die er nur noch in seinen Gedanken hören konnte. Dabei entstand eine seiner berühmtesten Kompositionen: die 9. Symphonie, deren 4. Satz als Ode an die Freude nicht nur die instrumentale Grundlage der heutigen Europahymne darstellt, sondern etwa wie Strauss‘ Donauwalzer die Welt erobert hat.

Der meisterhafte Maler, Radierer und Lithograph Francisco de Goya gilt als eines der Aushängeschilder spanischer Kunst. Er malte zunächst in hellen Farben im Stil des spanischen Rokokos.

Nach einem Schlaganfall mit 46 Jahren änderte sich de Goyas Leben drastisch: Er wurde taub. Damit veränderte sich nicht nur seine Sinneswahrnehmung, sondern auch seine Farbgebung und der Blick für seine Umwelt. Er zog sich mehr und mehr zurück. Auf die düstere Existenz konzentriert entstanden Albtraum ähnliche Darstellungen von Kriegen, Ungerechtigkeiten und Wahnsinn. Seine wohl berühmtesten Werke schuf er genau in dieser Zeit.

Er gilt in seiner letzten Lebensphase als einer der Vertreter der sogenannten Schwarzen Romantik - eine beklemmende Unterströmung der Romantik-Epoche, in der zahlreiche bekannte Werke aus Bildender Kunst sowie Literatur entstanden sind. Sein tiefes Unglück und die unheimliche Grundstimmung werden in Las Pinturas Negras, den „Schwarzen Gemälden“ sichtbar.

De Goya brachte durch seine Kunst die Gedanken und Gefühle an die Oberfläche, die tief in ihm lebten, sich immer mehr festsetzten. Er malte groteske, fast hexenartige Gesichter an die Wände seines Landhauses, als könnte er den Dämonen seiner Gedanken greifbare Züge geben. Heute sind sie auf Leinwand übertragen und restauriert in Madrids renommiertem Kunstmuseum Prado zu bestaunen.

Insgesamt gilt Francisco de Goya als einer der bedeutendsten Darsteller menschlicher Psyche. Nicht zuletzt wohl durch seine schmerzliche Erfahrung des vollständigen Verlusts seines Gehörs.

Von der Kunst der Malerei und der Musik zur Kunst des Erfindens: Thomas Alva Edison, einer der berühmtesten Erfinder der Welt, machte sich die Elektrizität und Elektrotechnik zu seinen Lebensaufgaben.

Schon seit seiner Kindheit Mitte des 19. Jahrhunderts hatte er Hörprobleme, die ihn sein Leben lang begleiteten. Über die Ursache sind sich die Historiker bis heute uneinig. Scharlach bis hin zu einem Schlag auf den Kopf werden als mögliche Auslöser genannt. Dennoch verschrieb er sich einige Jahre lang der Telegrafentechnik, die ihn schließlich nach etwa zehn Jahren zur Entwicklung des sogenannten Phonographenbewog. Etwas völlig Neues für die Welt, denn diese Erfindung führte zur Entdeckung, dass die auf geprägte Papierstreifen gespeicherte Texte bei der schnellen Ausführung in der Mechanik des Telegrafen Vibrationen und Töne erzeugten. Für den hochgradig schwerhörigen Edison war diese Erfindung sehr speziell. Er selbst beschrieb das Hören seiner eigenen Stimme als „ergreifend“. Diese revolutionäre Erfindung ausgerechnet eines Schwerhörigen ist doch mehr als erstaunlich.

Letztendlich erfand Edison die erste funktionstüchtige Glühlampe und die dazu notwendigen Komponenten zu deren Energieversorgung. Insgesamt für uns Menschen heute also ein großer Mann, der die Welt in technischer Hinsicht nachhaltig veränderte.

Etwas später in der Zeit, in den 1980er Jahren, war Ronald Reagan der 40. Präsident der USA. Auch er litt an einer Hörbeeinträchtigung. Vermutlich wurde sein Gehör durch seinen langjährigen Militärdienst geschädigt. Vor allem der Hörverlust auf seinem rechten Ohr dürfte auf eine Waffe zurückzuführen sein, die direkt neben seinem Kopf abgefeuert worden war. Ein klassisches Lärmtrauma also.

Doch für Reagan war dies kein Grund zur Scham oder gar Isolation, wie es bei Beethoven oder de Goya der Fall gewesen war. Im Gegenteil, er trug sein Hörgerät selbstbewusst und mit Stolz. Damit war er ein Vorbild für viele Menschen; zeigte, dass es keine Schande ist, sich bei Hörverlust Hilfe zu suchen. Das trug dazu bei, dass der Verkauf von Hörgeräten stetig anstieg und das Gefühl der Stigmatisierung beim Tragen einer Hörhilfe immer mehr in den Hintergrund trat. Reagan war einer derjenigen, die dafür den Grundstein legten.

Mittlerweile leben wir in einer Welt, in der die Nutzung einer verbessernden Hörtechnologie, ob konventionelles Hörgerät oder implantierbares System, vielerorts fast als Selbstverständlichkeit gilt.